29. Dezember 2009
In der wunderschönen St. Nicolai-Kirche in Wyk-Boldixum auf der Nordfriesischen Insel Föhr wird der „Messias“ von G.F. Händel (1685-1759, Werk komponiert 1741) aufgeführt. Es singt die örtliche Kantorei St. Nicolai, verstärkt durch Sängerinnen und Sänger des renommierten Hamburger Bachchors St. Petri und begleitet von einem ad hoc-Orchester aus Hamburg. Vier Solisten gehören natürlich auch dazu: Stephanie Stiller, Gabriele Wunderer, Dantes Diwiak und Cord Boy. Leitung: Martin Bruchwitz.
Die heimelige Kirche mit dem erdfarbig verzierten Gemäuer und den zartblauen Kirchenbänken ist ganz voll. Es dauert einige Zeit, bis sich der Chor gefunden hat. Die Musik wirkt kühl und geht noch nicht zum Herzen. Aber mit der Zeit wird sie immer strahlender und beginnt auch atmosphärisch den Kirchenraum zu füllen. Am Ende singt und schwingt der ganze Raum mit. Ein glückliches Gefühl durchströmt die Zuhörenden.
Der Dirigent Martin Bruchwitz leitet dezent und scheinbar emotionslos, nur auf Takt und Einsätze bedacht. Aber der zunehmend dynamische Gesang des Chores beweist, dass der Dirigent auf subtile Weise die Musik aus dem Werk und den Aufführenden holen kann.
Von den Solisten sticht der kurzfristig als Ersatz eingesprungene Tenor Dantes Diwiak mit einer schönen Strimme heraus, obwohl sein englisch gesungener Text völlig unverständlich bleibt. Der Bassist Cord Boy überzeugt dagegen durch seine Diktion, bekundet aber einige Intonationsprobleme in den Arien. Die Altistin Gabriele Wunderer singt ausdrucksvoll mit dem ganzen Gesicht, strahlend in den mittleren und hohen Lagen, etwas „moriendo“ in den tieferen Lagen. Auch die Sopranistin gefällt stimmlich und im Ausdruck.
Die „Choreografie“ der Aufführung erschwert es wohl, dass sie wirklich ein Ganzes werden kann. Die Sängerinnen und Sänger des Chors staffeln über einen grossen Raum, bis zu sechs Reihen tief und getrennt durch Sitze. Der Chorraum der Kirche vermag zum Glück wieder etwas zusammenfügen. Die langen Anmarschwege der Solistinnen und Solisten und das ständige Absitzen und Aufstehen des Chores lassen das Werk etwas zu einer Abfolge von Nummern auseinander fallen.
Insgesamt aber ein schönes und eindrückliches Weihnachtserlebnis in der kalten Winternacht.
Den Altar der Boldixumer St. Nicolai-Kirche ziert übrigens der Bibeltext aus dem Johannesevangelium, der Text für den Schlusschors des Weihnsachtsoratoriums von Heinrich von Herzogenberg, „Die Geburt Christi“, in welchem ich mitsingen durfte:
ALSO HAT GODT DE WELT GELEVET, DAT HE SINEN EINIGEN SONE GAF,
UPDAT ALLE DE AN EN GELOVEN, NICHT VORLAREN WERDEN,
SUNDER DAT EWIGEN LEVENDT HEBBEN.