Chorprojekt Ziefen 2009

Chorprojekt Ziefen: Empowerment für Laienchor

Stadtkirche Liestal, 24. Oktober 2009.

Chor

Ein Projektchor, der jeweils April bis Oktober sich immer wieder neu bildet und ein Programm erarbeitet, führt auf, lässt hören und sehen, begleitet von einer jazzig ausgerichteten Combo, geleitet von einem musikalischen Energiemagier.

Als Sänger in einem Laienchor bin ich immer etwas in der Zwickmühle. Einerseits bemühe ich mich ganz bewusst, mich als Sänger in den Dienst des Chores und der gemeinsamen Musik zu stellen, als Individuum aufzugehen. Anderseits gibt es da ein Bedürfnis nach Gehört- und Gesehenwerden. Laiensänger stehen schliesslich nicht jeden Tag auf der Bühne. Von professionellen Sängerinnen und Sängern wird erwartet, dass sie sich, eben professionell, in einen Chor integrieren, oder es ist akzeptiert, dass sie machen, was sie wollen, um sich als Individuen zu profilieren.

Martin von Rütte, selber ein Vollblut-Performer scheint diesen Chorsänger-Spagat in seiner Chorarbeit immer wieder zu wagen, insbesondere mit diesem Chorprojekt, aber auch in seinen Circle Song-Kursen (VoicEmble).

Im Konzert des Chorprojekts erhielt rund ein Drittel der Singenden die Gelegenheit, solistisch hervorzutreten. Genau mit dem richtigen Anspruch: Ich darf und kann Solist(in) sein, so wie ich bin, getragen von einem Chor vertrauter Singenden, und ohne mich mit professionellen Performern zu vergleichen. Die meisten erleben dann auch ähnliche Grenzen, de ich auch gut kenne: Die im Chor als sicher erlebte Stimme wird solo plötzlich zaghaft, undeutlich, intonationsunsicher; die 3auf2-Rhythmik der jazzigen Songs zog sich auf die sichere 2auf2-Seite zurück. Und trotzdem ist eine starke Leistung jedes/jeder Einzelnen, frei von Peinlichkeit oder Wer-wird-Superstar-Voyeurismus.

Martin von Rüttes Chorarbeit ist Empowerment für die Sängerinnen und Sänger. Und der Dirigent selber: pure musikalische Energie, Bewegung und Präsenz.

Das Programm unterhaltsam und abwechslungsreich; einzelne Arrangements gerieten etwas langfädig – doch der Faden ging nicht verloren. Eine besondere Entdeckung für mich: die Lieder aus Haiti mit karibischen Rhythmen und rührendem Französischdialekt.

Eine aufmerksame Combo aus Musikern aus der Region stützte und bereicherte den Gesang mit Alto und Klarinette (Heiner Grieder), Perkussion (Eric Rütsche und Thomi Weiss), Bass (Michael Bürgin) und Gitarre (Daniel Däster). Für die Lieder aus der alten Musik wechselte Michael Bürgin stilgerecht zur als Kniegeige gespielten Fiedel.

Und noch eine Überraschung: Die gewiss nicht kleine Stadtkirche von Liestal, die gegen 500 Leute fasst, war platschvoll. Das „Chorprojekt Ziefen“ hat trotz des etwas provinziell klingenden Namens und der spärlichen Präsenz in der Öffentlichkeit (nur 1 Konzert pro Jahr) eine grosse Fangemeinde in der ganzen Nordwestschweiz.

Bald startet übrigens Martin von Rüttes VoicEmble wieder mit Circle Songs und Improvisation. Und das grosse Konzert mit dem gemischten Chor Bennwil, den Bämbel Bees, wo ich als Zuzüger mitsingen darf: „Die Geburt Christi“ von Heinrich von Herzogenberg, ein Geheimtipp unter den Weihnachtsoratorien (letztes Jahr vom Konzertchor Baselbiet aufgeführt).

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