Auf den ersten Blick wimmelt es in den Märchen von Paaren. Wenn wir einfach auf der Ebene des Märchens als “Sozialdrama” bleiben, merken wir bald, dass es meist darum geht, den richtigen Partner, die richtige Partnerin zu finden und zu gewinnen. Als Teil des Lebenswegs der Märchenheldinnen und -helden oft mit Reifungsprozessen und Prüfungen verknüpft.
Wenn Märchen bestehende Paare beschreiben, finden wir oft defizitäre, der Erlösung harrende oder sogar destruktive Beziehungen. Häufig wird der defizitäre Aspekt bildlich durch unerfüllten Kinderwunsch ausgedrückt. In vielen Märchen kommen aber gar keine Paare vor, Ein-Eltern-Familien, Waisen, verachtete oder verstossene Kinder stehen im Zentrum.
Überhaupt liegt die Chance für eine fruchtbare Entwicklung oft bei den Kindern, während eine Entwicklung beim Elternpaar selten beschrieben ist.
Paarmärchen ?
Märchen, die von sich entwickelnden Paaren oder guten Paarbeziehungen handeln, sind dementsprechend die Ausnahme.
Na und ?
Ich zitiere ungenau Professor Josef Imbach, einem bekannten Theologen und tiefenpsychologisch Märchen interpretierenden Autor, der kürzlich in einem Vortrag sinngemäss sagte:
Märchen sind Geschichten, die sich so nie zugetragen haben, und
dennoch die alltägliche Erfahrungswelt der Menschen widerspiegeln.
Auch wenn die Märchen von verzweifelten Paaren, ihre Kinder mit grossen Persönlichkeitsdefiziten “beglückenden” oder gar ihre Kinder in lebensgefährliche Situationen bringenden Eltern berichten, das in der Regel eintreffende Happy end lässt hoffen, auch für den eigenen Lebensweg.