Anni Swan (1875-1958) ist eine Märchen-Dichterin aus Finnland. Wie viele finnischen Künstlerinnen und Intellektuelle ihrer Zeit war ihr kultureller Hintergund eher vom Skandinavischen (Schwedischen) geprägt. Dennoch gingen gerade von diesen Menschen wichtige Impulse für die Erstarkung des finnischen Kulturguts aus.
Anni Swan befasste sich intensiv mit finnischen Sagen, Märchen und Epen. Sie verstand ihre Märchendichtungen immer als Beitrag zur finnischen Nationalkultur. Beim Lesen ihrer Märchen, leider kann ich das nur in einer deutschen Übersetzung (erschienen im Verlag Urachhaus), spürt man in der Sprache oft den Geist ihres Vorbilds Hans Christian Andersen. Während Andersen aber eindeutig für die städtische Kultur Dänemarks schrieb, kommt in Swans Märchen die Natur ausführlich zum Zug. So öffnen sich ihre Märchen auch der Märchenkultur Finnlands, in welchen die Landschaft und Tierwelt, die Naturwesen, schamanistische Rituale usw. präsent sind.
Anni Swans Märchen pendeln zwischen Andersen Kinder-Zauberwelt und dem Zauber skandinavischer Volksmärchen. So berühren mich manche Märchen sehr, wie zum Beispiel “Kranich und Hirtenmädchen”, während andere ihrer Geschichten mir eher als nette Novellen erscheinen. Bemerkenswert ist, dass bei Anni Swan ein typisches Märchenmotiv, der Kampf zwischen Gut und Böse, Hell und Dunkel nicht dominiert. Ihre Märchenheldinnen erreichen ihre Erfüllung einfach durch “Gutsein” und immer in der Verbindung mit der Natur.
Anni Swan schrieb im Prinzip für Kinder und Jugendliche. Trotzdem empfinde ich ihre Märchen keineswegs als “Kindergeschichten”. Es wäre sicher spannend, Swans Märchen in der Originalfassung lesen zu können. Bei der deutschen Übersetzung kribbelt es mich manchmal, wenn offensichtliche “Teutonismen” Einzug gehalten haben.
Aber wem die vermutlich vergriffene, bei Urachhaus erschienene Auswahl finnischer Zaubermärchen von Anni Swan in die Finger gerät, dem möchte ich die Lektüre wärmstens empfehlen !