Der Weg ist das Ziel

Ferdinand Hodler: Tessiner Landschaft (1893)— aber nicht im Märchen.

Märchenheldinnen und -helden sind zwar nicht immer zielstrebig unterwegs, aber der Weg ist nicht ihr Ziel. Das Ziel bleibt die Vervollkommnung, zumindest in den Märchen, die auf alte Motive zurückgehen.

Gemälde von Ferdinand Hodler, 1893,
“Tessiner Landschaft”

Der Jüngling in “Die Kristallkugel” (Brüder Grimm 1857, KHM 197) hat zwar keine Ahnung wo es lang geht. Er will einfach zum Schloss der goldenen Sonne, die verwunschene Königstochter erlösen. Die Riesen am Weg sind unübersehbar, aber die Qualität des Wünschhuts, den er “mitlaufen” lässt, wird ihm sowenig bewusst wie der Weg den er geht.  So “überspringt” er einfach den Weg zum Schloss. Im zweiten Teil muss er allerdings schon mit vollem Bewusstsein das Richtige auf dem Weg tun und alle seine inneren Kräfte mobilisieren, um sein Ziel zu erreichen.  

Die älteren Brüder des Dummlings (Bsp. “Der goldene Vogel”, Brüder Grimm 1857, KHM 57) gerade deshalb reüssieren nicht, weil sie auf dem Weg hängen bleiben, die Freuden des Wegs geniessen. In “Das Wasser des Lebens” (Brüder Grimm 1857, KHM 97) schenken die älteren Brüder der goldgepflästerten Strasse zu viel Aufmerksamkeit und kommen deshalb nicht ins Schloss.

Was von den Märchenheldinnen und -helden aber sonst häufig gefordert wird, ist die Achtsamkeit für den Weg (Beispiele):

  • das Ameisenvolk würdigen und als Helfer gewinnen (“Die Bienenkönigin, Brüder Grimm 1857, KHM 62).
  • das graue Männchen, die alte Frau usw. begrüssen, das Brot mit ihnen teilen usw. und sie so als Helfer gewinnen (in vielen Märchen).
  • auf dem Weg Aufgaben lösen, die (auf der objektstufigen Ebene) wenig mit dem Ziel zu tun haben (ebenfalls in vielen Märchen).

Aber dann geht es weiter auf dem Weg !

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