Der Rose Pilgerfahrt
Liederzyklus von Robert A. Schumann (1810-1856)
Text von Moritz Horn (1814-1874) in der überarbeiteten Fassung von Schumann
1.
Frauenchor:
Die Frühlingslüfte bringen
Den Liebesgruss der Welt,
Des Eises Bande springen,
Es grünt das öde Feld.
Die ersten Blumen tauchen
Aus Grünem Wiesenplan,
Und schau’n mit Kindesaugen
Uns frühlingskälbig an.
Im maiengrünen Kleide,
Mit Blüten reich gestickt,
Hat sich zur Osterfreude
Ein jeder Baum geschmückt
O sel’ge Frühlingszeit!
Du trocknest stille Tränen,
Die unsres Herzens Sehnen
Geweint im tiefsten Leid.
In manche Winterbrust
Tönt auch dein Sonntagsläuten,
Und mancher Keim der Freuden
Erwacht zu neuer Lust.
2.
Tenor-Solo:
Johannis war gekommen,
Der Erde Hochzeitstag,
Wo sie als Braut am Herzen
Des lieben Frühlings lag.
Die stille Nacht umschleiert
Den Schlummer der Natur.
Das blasse Licht des Mondes
Durchwandelt Hain und Flur.
Die kleinen Blättchen schwirren
Kaum hörbar in dem Baum,
Um Schilf und Wasserblumen
Schwebt Schlaf und Abendtraum.
Alt-Solo:
Was ist auf jener Wiese
Für zauberischer Sang,
Und unterm Frühlingsgrase
Für wunderlicher Klang?
3. Elfenreigen
Chor der Elffen:
Wir tanzen, wir tanzen
In lieblicher Nacht.
Bis der Tag vom Schlummer
Morgenrot erwacht,
Bis vom Tau die Blume
Neues Leben trinkt,
Hoch auf, liederselig,
Die Lerche sich schwingt.
4.
Tenor-Solo:
Und wie sie sangen, da hören sie
Eine zarte, klagende Melodie.
Flugs hält der Tanz, der wirr gerauscht
Und Alles auf das Liedchen lauscht.
Rose:
Frühling ist nun wieder kommen,
Hat gerufen: “auf, erwach!”
Was soll mir das Blühen frommen,
Der das Herz vor Sehnen brach?
Wenn die Mädchen mit mir kosen,
Wenn von Liebe singt ihr Lied,
Klag’ich, dass uns armen Rosen
Nie ein Liebesfrühling blüht!
Fürstin der Elfen:
Du töricht Kind,
Du wünschest dir der Liebe Lust,
Wohl dir, dass du von ihren Schmerzen
Bis diesen Frühling nicht gewusst.
Rose:
Ich möcht’ es tragen, alles Weh,
Ich fühl’ mich stark!
Fürstin der Elfen:
Du Röslein, du?
Verlassen willst du unser Reich,
Wo Glück und Frieden ewig walten?
Rose:
O, lass mich eine Jungfrau werden.
Lass lieben mich, den Mädchen gleich!
Fürstin der Elfen:
Verlangst du’s Röschen nun wohlan!
Die Menschen nennen auf der Erden
Die Mädchen ja der Rose Bild;
Zum Mädchen soll die Rose werden!
Und also sei der Spruch erfüllt!
Und eine Rose sollst du tragen,
Gefeit von mir zu deinem Heil!
Wer sie besitzt der Erde Freuden,
Die reinsten, werden ihm zu Teil.
Doch merke wohl; entfällt sie jemals deiner Hand!
So wirst du aus dem Leben scheiden;
Doch lange nicht! –
Ein Frühlingshauch wird dich als Rose
Zurück ins Heimatland geleiten.
Chor der Elfen:
Wir tanzen, wir tanzen
In lieblicher Nacht
Bis der Tag vom Schlummer
Morgenrot erwacht,
Bis vom Tau die Blume
Neues Leben trinkt,
Hoch auf liederselig,
Die Lerche sich schwingt.
5.
Tenor-solo:
So sangen sie; da dämmert’s schon,
Ein Vogel singt im Morgenschlummer
Die Welt erwacht zu neuer Lust,
Zu neuem Schmerz, zu neuem Kummer.
Und wie ein Blitz verschwunden sind
Der Elfen luft’ge Scharen,-
Nur auf der Wies’ ein Silberstreif
Verrät noch,wo sie waren –
Auf schlägt das schöne Rosenkind,
Wie träumend noch, das Augenpaar.
Ein duftdurchfrischter Morgenwind
Wirft Apfelbluten ihr in’s Haar;
Ein Röslein, morgenangeglüht.
Am Busen,vielbedeutend, blüht.
Rose:
Wo bin ich?
Ist’s Wahrheit, ist’s ein Traum –
Nein, nein, es ist kein Zauberbild;
Als Madchen wandelnd auf der Erden
Werd’ ich durch Liebe glücklich werden.
Tenor-solo:
Sie steigt den Hügel still hinauf;
Da tut vor ihren Blicken
Das weite Tal sich prangend auf
Begrenzt von Waldestücken
Erreicht ist bald des ersten Hauses Tür
Sie tritt hinein und bittet freundlich hier
Um Obdach.
6.
Rose:
Bin ein armes Waisenkind,
Dem seine Lieb’n gestorben sind.
Martha:
Habt Ihr ein Zeugnis, einen Schein.
Dass man euch auch trauen mag?
Rose:
Ach nein!
Wenn Euch mein Bitten nicht bewegt-
Martha:
Das Mitleid saure Fruchte trägt,
Hat man im Haus erst Euresgleichen,
Pflegt Ruh’ und Frieden d’raus zu weichen
Geh’ du nur fort!
Rose:
O nehmet auf mich mildgesinnt,
Ich will Euch lohnen, was Ihr tut
An mir, mit meinem Herzensblut.
Martha:
Versprechen lasst sich viel mit Worten,
Geht, pocht dort an des Nachbars Pforten!
Geht fort!
7.
Tenor-solo:
Es war der Rose erster Schmerz!
Trostbittend schaut sie himmelwärts;
Und weiter unter Abendglüh’n
Wallt still die Blumenkönigin.
Ein einsam Häuschen unscheinbar,
Nimmt jetzt ihr Auge wieder wahr.
Am Friedhof liegt es angelehnt,
Vom Fliederbaume rings verschönt;
Durch’s off’ne Tor ragt Kreuz und Stein,
Verklärt vom gold’nen Abendschein.
Sie tritt hinein, da steht ein Greis,
Gebückt das Haupt wie Silber,
Er gräbt – den Spaten in der Hand,
Ein Grab in’s grüne Land.
Rose:
Für wen ist’s Grab hier, tief und klein?
Totengräber:
Für uns’res Müllers Töchterlein.
Rose:
O arme Schwester, tief beklagt!-
Totengräber:
Ein schwerer Tod – ein Tod voll Schmerzen
Zu sterben am gebroch’nem Herzen –
Rose:
Wie soll ich mir dein Reden deuten?
Bringt treue Liebe solche Leiden?
Totengräber:
Wer heiss geliebt und ward betrogen,
Der hat ein Todeslos gezogen-
Er wird geheilt von seinen Schmerzen
Nur an der Erde Mutterherzen.-
Rose:
O Schwester, tief beklagt!
Totengräber:
Doch sieh’, da kommt mit Trauersang
Der Leichenzug den Weg entlang.
8.
Chor:
Wie Blätter am Baum,
Wie Blumen vergeh’n –
Wie Blütenflaum
Die Winde verweh’n.
So geht vorbei
Des Lebens Mai
Eh’ wir’s denken,
Deckt das Grab,
Was das Leben
Liebes gab!
Rose:
Oh Schwester, tief beklagt!
Chor:
Wir werfen in dein frühes Grab
Die Blumen betend still hinab.-
Totengräber:
Sei dir die Erde leicht!
Chor:
Der Erde geben wir zurück Dich,
uns’re Hoffnung, unser Glück.
Rose:
Schlumm’re sanft!
Chor:
Schmerz ging mit uns ans Grab hinaus,
Schmerz geht mit uns ins Trauerhaus!
Rose:
Ruh’ sanft!
9.
Tenor-solo:
Die letzte Scholl’ hinunterrollt,
Die letzte Träne ward gezollt;
Und still nach Haus gewandelt sind.
Die zur Ruh’ geleitet Müllers Kind.
Auch der Totengräber verlässt den Ort,
Nur das Mädchen kniet noch am Grabe dort.
Schon glänzet aus tiefblauem Himmel
Der Sterne gold’nes Glanzgewimmel;
Das Mondlicht lauscht durchs Laub der Linden,
Als sucht’ was Liebes es zu finden.
Die Pilg’rin hebt sich jetzt empor,
Und wandelt nach des Kirchhofs Tor.
Totengräber:
Wo willst du hin, feucht wird die Nacht.
Rose:
Mich leuchtet heim der Sterne Pracht.
Totengräber:
Denk’, Kind, es sei des Vaters Bitte:
Verweil’ die Nacht in meiner Hütte,
Das Wenige, was mir gehört,
Sei dir, mein Kind, gewährt.
Rose:
Hab’ Dank – mit neuer Lebenslust
Erfüllt dein freundlich’ Wort die Brust –
Ich folg’ dir, bis zum Morgenschein
Will ich dein Gast, mein Vater, sein.
Totengräber:
Du siehst, schmucklos ist meine Wand.
Rose:
Das Kranzchen dort am weissen Band?
Totengräber:
Das gilt mir wohl als höchstes Gut;
Mein liebes Weib, das draussen ruht,
Trug diesen Kranz im blonden Haar,
Als mein sie wurde am Altar.
Doch lass die Toten ruh’n –
Sie haben Frieden nun.
Uns stelle Gott die Engelwacht
Zu unsrem Schlaf in dieser Nacht.
Rose:
Behüt’ sie Euch, wie alle Guten!
Totengräber:
Schlaf sanft!
10. Gebet
Rose:
Dank, Herr, dir dort im Sternenland,
Du führtest mich an Vaterhand,
Und in der Leiden Becher fiel
Ein Himmelstropfen, süss und kühl;
Nun wolle Ruh der Müden schenken
Dass ich gestärkt dem jungen Tag,
Was er auch bring’, entgegen blicken mag!
(Im Einschlummern).
Ob sie wohl mein gedenken?
Chor der Elfen:
Schwesterlein!
Hörst du nicht beim Sternenschein
Unser Lied.
Hörst du nicht die Glöckchen fein,
Rosenblut?
Hörst du nicht beim Sternenschein
Das Elfenlied?
Lass dich nicht berücken,
Kehr’ zu uns zurück,
Hoffe nicht auf Glück!
Nur bei uns,
Im Reich der Elfen,
Wohnt die Lust,
Aber Schmerz und Leiden
in der Menschenbrust.
Schwesterlein!
Klingt in deinen Traum hinein
Nicht unser Gruss?
Fühlst du nicht im Mondenschein
Unsern Kuss?
Lass dich nicht berücken,
Keh’r zu uns zurück!
Hoffe nicht auf Glück!
Wähnst du, dass auf Erden
Wohne dauernd Glück?
In der Schmerzensträne
Stirbt der Freude Blick.
Röslein, komm zurück,
Hoffe nicht auf Glück,
Komm’ zurück!
11.
Tenor-solo:
Ins Haus des Totengräbers
Fallt durch die Fensterlein,
Umrankt vom Efeugitter
Der holde Morgenschein.
Es weckt mit leisem Grusse
Der Greis die Pilgerin.
Rose:
Hab’ Dank für deine Güte,
Nun will ich weiter zieh’n,
Und woll’ die Hande legen
Aufs Haupt, mein Vater, mir,
Beglückt mit deinem Segen,
Nur so geh’ ich von dir.
Totengräber:
O glücklich, dreimal glücklich ist,
Wer dich als seine Tochter küsst,
Hör’ meine Bitte: folge mir,
Ich gebe treue Eltern dir.
Tenor-solo:
Die Rose sinkt an seine Brust,
Sie grüsst des Lebens erste Lust.
12.
Frauenchor:
Zwischen grünen Bäumen
Schaut des Müllers Haus,
Wie der Sitz des Friedens,
Auf das Tal heraus.
Waldbachs wilde Woge
Treibt das rasche Rad.
Das, wie Liebessehnen,
Niemals Ruhe hat.
In dem Gärtchen neben
Schmückt die Frühlingslust
Sich mit frischen Blumen
Locken, Haar und Brust.
Grüne Efeuranke
Hat die Gartenwand
Mit dem Blätternetze
Zierlich überspannt.
13.
Tenor-solo:
Von dem Greis geleitet,
Mit dem Sonnenstrahl,
Kommt die Mädchenrose
Jetzt zur Mühl’ im Tal.
Totengräber:
Auf dieser Bank, von Linden
Beschattet, harre mein!
Rose:
Gesegne Gott den Schritt!
So soll das höchste Glück auf Erden,
Das heissersehnte, mir doch werden,
Teilnehmen wird an meinem Schmerz,
An meiner Lust ein Elternherz?-
Totengräber:
Komm, liebes Kind, zu uns herein!
Müller:
Wie, ist es Täuschung, ist es Schein?
Müllerin:
Der Tochter gleicht sie auf ein Haar.
Rose:
Mir ist so selig – wunderbar.
Totengräber:
Nun, liebe Leute, hatt’ ich Recht?
Müller:
Bewährt ist stets, was Ihr auch sprecht.
Totengräber:
Ist’s nicht ein schmuckes Mägdelein
Der Rose gleich, so zart und fein?
Müller:
Aus ihren Augen spricht es laut:
Wohl bin ich wert, dass ihr mir traut.
Müllerin:
So fülle denn in Brust und Haus
Den leeren Platz der Toten aus!
Rose:
O Wonne, o du Himmelslust,
Ihr nehmt mich an die Elternbrust.
Nehmt meiner Liebe ganzen Schatz,
Nur lasst mir diesen teuren Platz.
Müller und Müllerin:
O Wonne, o du Himmelslust,
Wir halten dich an uns’rer Brust,
Wir geben dir den besten Platz,
Sei deine Liebe uns Ersatz.
Totengräber:
O Wonne, o du Himmelslust,
Sie ruht an treuer Elternbrust;
So wird ihr doch an diesem Platz
Für manches Leiden nun Ersatz.
14.
Tenor-solo:
Bald hat das neue Töchterlein
Der Eltern ganzes Herz,
Und um die Heimgegangne bleibt
Nur noch der Wehmut Schmerz.
Im ganzen Dörfchen, weit und breit,
Ist Kein’s, das sie nicht liebt,
Im ganzen Dörfchen, weit und breit,
Nicht Ein’s, das sie betrübt.
“Schön Röschen”,
Seufzt wohl manches Herz
“Du süsse Augenlust,
Ach dürft’ ich ruhen wonniglich
An deiner blüh’nden Brust!”
15.
Männerchor:
Bist du im Wald gewandelt,
Wenn’s drin so heimlich rauscht,
Wenn aus den hohen Büschen
Das Wild, aufhorchend, lauscht?
Bist du im Wald gewandelt,
Wenn drin das Frühlicht geht,
Und purpurrot die Tanne
Im Morgenscheine steht?
Hast du da recht verstanden
Des Waldes zaubrisch Grün,
Sein heimlich süsses Rauschen,
Und seine Melodien? –
O Herz, wenn dir die Erde
Nicht hält, was sie versprach,
Wenn Lieb’ und Treu’ die Schwüre
In arger Falschheit brach,
Dann Komm’, rufts aus dem Wald,
Komm’ her in meine Ruh’,
Mein leises, kühles Rauschen
Küsst deine Wunden zu.
Bist du im Wald geblieben,
Wenn’s still zum Abend wird,
nur durch die dunklen Tannen
Der letzte Lichtstrahl irrt;
Bist du im Wald geblieben,
Wenn sich das Mondenlicht
Wie eine Silberbinde
Um jedes Bäumchen flicht;
Hast du da, an dem Herzen
Des Waldes angedrückt,
Nicht selig froh zum Himmel
Dein Nachtgebet geschickt?
O Herz, wenn dich die Menschen
Verwunden bis zum Tod,
Dann klage du, dem Walde
Vertrauend, deine Not.
Dann wird aus seinem Dunkel,
Aus seinem Wundergrün,
Beseligend zum Herzen
Des Trostes Engel zieh’n.
16.
Alto-solo:
Im Wald, gelehnt am Stamme,
Am alten Eichenbaum,
Da weilt der Sohn des Försters,
Versunken wie im Traum.
Er hat des Müllers Töchterlein
So lieb, wie Keiner mehr,
Und wandelt nun im süssen Traum
Von Liebesglück einher,
Fragt wohl die Sternenblumen,
Fragt sie wohl Tag für Tag,
Und will dem “Ja” nicht glauben,
Das das Orakel sprach.
17.
Frauenchor:
Der Abendschlummer
Umarmt die Flur,
In Liebeskummer
Wacht Röslein nur.
Sie schaut hinein
In die Mondesnacht
Und hat voll Sehnen
An ihn gedacht.
Da klingt sein Lied
Heraus vom Wald,
dass Frühlingslust
Ins Herz ihr schallt.
Tenor-solo:
Ich weiss ein Röslein prangen
Im holden Frühlingsschein,
Das möchte so gern ich fragen:
Willst du mein Röslein sein?
Rose:
Schlaf wohl, du lieber Sängersmann!
Tenor-solo:
Und wenn ich komm’zu fragen,
Da schaut mich’s freundlich an,
Da ist’s mit einem Male
Um meinen Mut getan.
Rose:
Schlaf wohl, du lieber Sängersmann!
Dein Röslein blüht für dich.
Tenor-solo:
Sagt dir nicht das Herz im Busen
Du Rose voll Frühlingsschein:
Rose:
Komm’ nur recht bald, Herzliebster fein
Komm’ bald zu ihm und sprich:
Tenor-solo:
“Ich will nie eines And’ren
Denn nur sein Röslein sein.”
Rose:
Ich will dein Röslein werden,
Mein Frühling werde du,
Komm’, weck’ mit deinen Küssen
Mich aus der Winterruh!
Tenor-solo:
Sagt dir nicht das Herz im Busen
Du Rose voll Frühlingsschein:
“Ich will nie eines And’ren
Denn nur sein Röslein sein.”
18.
Chor:
O sel’ge Zeit, da in der Brust
Die Liebe auferblüht,
Und morgenhell das Angesicht
In ihrer Wonne glüht –
O sel’ge Zeit! –
19.
Bass-solo:
Wer kommt am Sonntagsmorgen
Im festlich grünen Kleid?
Es ist der Sohn des Försters,
Der um Schön-Röslein freit.
Und als der Müller fraget,
Was wohl ihr Herzlein spricht,
Birgt sie an seinem Busen
Verschämt ihr Angesicht;
Umschlingt mit beiden Armen
Fest den geliebten Mann;
So schlingt sich an die Eiche
Der Efeu gläubig an.
20.
Frauenchor:
Ei Mühle, liebe Mühle,
Wie schau’st so schmuck du heut’!
Du trägst geziert mit Blumen
Ein sonntägliches Kleid.
Du hast selbst deine Giebel
Mit Kränzen reich geschmückt,
So froh hast du noch nimmer
In’s Tal hineingeblickt.
Ei Waldbach, wie manierlich
Trollst du am Haus vorbei!
Du fleissig Rad der Mühle,
Bist du heut’ arbeitsfrei,
Ei Knappen, liebe Knappen,
Wie seht so schmuck ihr heut’,
Ihr tragt, verziert mit Bändern,
Das schönste Sonntagskleid.
Ihr habt die neuen Hüte
Mit Blumen reich geschmückt
Und sie kokett manierlich
Schräg auf den Kopf gedruckt.
Ei Knappen – Warum feiern,
Am Wochentage heut’,
Das fleiss’ge Rad der Mühle,
Und ihr, die fleiss’gen Leut?
21.
Chor:
Was klingen denn die Hörner
Im Morgendämmerschein,
Was bringen sie ein Ständchen
Vor ihrem Kämmerlein?
Hochzeit wird gefeiert!
Wörtlein, ach so süß,
Schlüsslein zu dem trauten
Eheparadies!
Hochzeit wird gefeiert!
Röslein, auf, erwach’!
Fei’re froh noch deinen
Letzten Mädchentag!
Sopran:
Die Kirchenglocken klingen,
Und vor des Heilands Bild
Hat sich aus ihrem Traume
Die Wahrheit schön enthüllt.
Frauenchor:
Den Bund der treuen Herzen
Hat Priestermund geweiht,
Den Schwur der treuen Liebe
Schrieb ein die Ewigkeit.
22.
Chor:
Im Hause des Müllers,
Da tönen die Geigen,
Da springen die Bursche
Im wirbelnden Reigen,
Da klingen die Gläser,
Schallt “Hussah” darein.
Hochzeit wird gefeiert,
Wörtlein ach so süß.
Im Hause des Müllers,
Da zittert die Diele,
Es drängt sich und hebt sich
Im bunten Gewühle,
Und Alles jauchzt: “Hussah,
Hoch Bräut’gam und Braut!”
Hochzeit wird gefeiert,
Wörtlein ach so süß.
23.
Tenor:
Und wie ein Jahr verronnen ist,
Sein Knöspchen zart Schön-Röslein küßt,
Es ruht, gewiegt von Mutterlust,
Mit Augen blau, an ihrer Brust.
Es lächelt und die Händchen langen,
Als wollt’s die Mutterlieb’ umfangen;
Sie aber schaut durch Tränenflor
Mit heissem Dank zu Gott empor,
Nimmt still die Ros’, ihr Lebenspfand,
Und gibt’s dem Kindlein mit zitternder Hand.
Rose:
Nimm hin mein Glück, du kleines Herz,
Ich geh’ beseligt heimatwärts;
Mein ward der Erde Seligkeit,
Nach dieser giebt es keine Freud’;
Leb’ wohl, mein Kind; – du treuer Mann,
Zu End’ ist meine Pilgerbahn,
Ich scheide ohne Schmerz und Weh’,
Weil ich im Glück von hinnen geh’.
Das ist kein bleicher, schwarzer Tod,
Das ist ein Tod voll Morgenrot!
Tenor:
Und wie sie noch so leise spricht,
Verlöscht der Augen Frühlingslicht.
24.
Engelstimmen:
Röslein!
Zu deinen Blumen nicht,
Zu uns, zu höh’rem Licht
Schwing’ dich empor,
Damit du schau’st
Von Himmelshöh’n,
Wie dein Knösplein zart
Blüht und gedeih’t, –
Daß einstens empfang’st du’s,
Wenn es die Rose
Unbefleckt dir zurückebringt!
Sei uns gegrüsst,
Liebliche Rose!