Kategorie-Archiv: Weisheiten, Zitate, Verse

Herkunft der Märchen

Gemeinsam allen Märchen sind die Überreste eines in die älteste Zeit hinaufreichenden Glaubens, der sich in bildlicher Auffassung übersinnlicher Dinge ausspricht.

Dies Mythische gleicht kleinen Stückchen eines zersprungenen Edelsteins, die auf dem von Gras und Blumen überwachsenen Boden zerstreut liegen und nur von dem schärfer blickenden Auge entdeckt werden.

Wilhelm Grimm 1856, Anmerkungen zu den KHM, S. 409

Lebe deine Fragen

Aus einem Brief von Rainer Maria Rilke (1875-1926) an Franz Xaver Kappus, 16. Juli 1903.

…… und ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.


Geduld zu haben mit dem Ungelösten und voll Vertrauen in die Antwort hinein zu leben — das sind wahre Märchenheld(inn)en-Qualitäten !

WEB 2.0 und Brechts Radiotheorie

„Um nun positiv zu werden: das heißt, um das Positive am Rundfunk aufzustöbern; ein Vorschlag zur Umfunktionierung des Rundfunks: Der Rundfunk ist aus einem Distributionsapparat in einen Kommunikationsapparat zu verwandeln. Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens, ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn auch in Beziehung zu setzen.“

Quelle: Bertolt Brecht, ca. 1930, in: Gesammelte Werke in 20 Bänden. Bd. 18,  p.127 ff.


Märchen sind ein guter Engel

Märchen und Sagen sind wie ein guter Engel,
der von Geburt an, von Heimat wegen
dem Menschen mitgegeben wird auf seiner Lebenswanderung.

Karl Julius Schröer (1825-1900) zugeschrieben

Das Zitat stammt aus einem Vortrag Rudolf Steiners am 6. Februar 1913 mit dem Titel “Märchendichtung im Lichte der Geistesforschung”.  Schröer war ein von Steiner zu Studienzeiten sehr verehrter Dozent an der Universität Wien. Deshalb vermutet Almut Bockemühl, dass dieses Zitat von Schröer stammt (in: Bockemühl Almut (2006), Die Welt der Märchen, Rudolf Steiner Verlag Dornach).

Die Wünsche des Märchenerzählers und seiner Zuhörer

Die Märchenerzählerin und der Märchenerzähler haben auch Wünsche. Und ich bin überzeugt, dass diese mit in die Erzählung einfliessen und irgendwann Bestandteil des Märchens werden.

Auch die Wünsche der Zuhörerinnen und Zuhörer werden im Märchen abgeholt. Armut, Kinderlosigkeit, ungerechte Behandlung durch Obrigkeiten sind Themen, die den Zuhörenden auch bekannt sind. Natürlich interpretieren wir sie auf der geistigen Ebene (oder auch nur auf der psychologischen), aber emotional gehen wir alle mit solchen Minderwertigkeitsgefühlen und Mangelerfahrungen in Resonanz!

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24. Dezember 2010

„Willst du uns denn nicht «Frohe Weihnachten» wünschen ?“,
wurde der Meister gefragt.
*

Er warf einen Blick auf den Kalender, sah, dass Freitag war und sagte:
“Ich möchte euch lieber einen «Frohen Freitag» wünschen.“
*

Das verletzte das Empfinden der Christen im Kloster, bis der Meister erklärte:

„Millionen werden sich nicht über den heutigen Tag,
sondern über Weihnachten freuen, wodurch ihre Freude von kurzer Dauer ist.
*

Aber für alle, die sich über jeden heutigen Tag
zu freuen gelernt haben, ist jeder Tag Weihnachten.“


Anthony de Mello (1931-1987)