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Paul Strahm erhält Gertrud-Hempel-Volkserzähler-Preis 2012

Anlässlich des internationalen Märchenkongresses “Bergwelt” der EMG und der SMG erhielt der Nordwestschweizer Märchenerzähler Paul Strahm den Gertrud-Hempel-Volkserzähler-Preis 2012.

Berichterstattung in der Basler Zeitung vom 27.09.2012 und in zahlreichen anderen Zeitungen.

Herzliche Gratulation!

Gleichzeitigkeit

Textauszug aus dem “Siddharta” von Hermann Hesse (Kapitel “Der Fährmann”).

Ich kapiere das erst jetzt, nachdem uns die Physiker im 20. Jhdt. auch die naturwissenschaftlichen Grundlagen für das Verständnis geliefert haben. Die Erfindung der Zeit und unsere Knechtschaft ist unser zentrales Problem.

Mehr aber, als Vasudeva ihn lehren konnte, lehrte ihn der Fluss. Von ihm lernte er unaufhörlich. Vor allem lernte er von ihm das Zuhören, das Lauschen mit stillem Herzen, mit wartender, geöffneter Seele, ohne Leidenschaft, ohne Wunsch, ohne Urteil, ohne Meinung.

Freundlich lebte er neben Vasudeva, und zuweilen tauschten sie Worte miteinander, wenige und lang bedachte Worte. Vasudeva war kein Freund der Worte, selten gelang es Siddhartha, ihn zum Sprechen zu bewegen.

«Hast du», so fragte er ihn einst, «hast auch du vom Flusse jenes Geheime gelernt: dass es keine Zeit gibt?»

Vasudevas Gesicht überzog sich mit hellem Lächeln.

«Ja, Siddhartha», sprach er. «Es ist doch dieses, was du meinst: dass der Fluss überall zugleich ist, am Ursprung und an der Mündung, am Wasserfall, an der Fähre, an der Stromschnelle, im Meer, im Gebirge, überall, zugleich, und dass es für ihn nur Gegenwart gibt, nicht den Schatten Zukunft?»

«Dies ist es», sagte Siddhartha. «Und als ich es gelernt hatte, da sah ich mein Leben an, und es war auch ein Fluss, und es war der Knabe Siddhartha vom Manne Siddhartha und vom Greis Siddhartha nur durch Schatten getrennt, nicht durch Wirkliches. Es waren auch Siddharthas frühere Geburten keine Vergangenheit, und sein Tod und seine Rückkehr zu Brahma keine Zukunft. Nichts war, nichts wird sein; alles ist, alles hat Wesen und Gegenwart.»

Siddhartha sprach mit Entzücken, tief hatte diese Erleuchtung ihn beglückt. Oh, war denn nicht alles Leiden Zeit, war nicht alles Sichquälen und Sichfürchten Zeit, war nicht alles Schwere, alles Feindliche in der Welt weg und überwunden, sobald man die Zeit überwunden hatte, sobald man die Zeit wegdenken konnte? ….

 

Geheimnis im Stamm

Jürg Felber - Geheimnis im StammSkulpturenausstellung

von Jürg Felber

Kulturscheune Liestal,
24.08.-2.09.2012

Am Freitag war die Vernissage zu einer eindrücklichen Ausstellung von Skulpturen aus dem Holz des einheimischen Kirschbaums.

Website und Gallerie >>

Manchmal offenbart sich dem Künstler im Holz das, was es werden wird. Wie dem Holzschnitzer im Märchen „Der Cedernbaum“ aus der Sammlung von Elsa Sophia von Kamphoevener.

Manchmal weiss der Künstler, welches Thema er verwirklichen will. Und dann geht die Suche im Holzlager los, welches Holz geeignet ist.

Unbedingt noch hingehen.

 

Des Teufels russiger Bruder

Des Teufels russiger BruderUnerhörter Erzählabend
zum 200 Jahre-Jubiläum der Brüder Grimm

Donnerstag, 21. Juni 2012, 19.30 Uhr

Zürich  im Bonsaigarten (Orangerie)
Joachim-Hefti Weg 4, 8002 Zürich
in der Nähe des Museums Rietberg   (>>>Plan)

Es erzählen Barbara Goossens (www.geschichtenwelt.ch)
und Urs Volkart (maerchenquelle)

Erzählte Märchen (alle KHM):

  • Der Fuchs und die Gänse
  • Die Gänsehirtin am Brunnen
  • Das Mädchen ohne Hände
  • Die weisse Taube
  • Des Teufels russiger Bruder
  • Der Nagel

Musikalische Intermezzi auf Schlitztrommeln.

Ungeplantes Intermezzo: Ein Wahnsinnsgewitter, das eine Erzählpause von über 20 Minuten erzwang.

Publikum: erfreuliche Zahl; trotz des unsicheren Wetters; ein erfolgreicher Anlass.

Organisation im Bonsaigarten: Vielen Dank, Elisabeth und deine Helfer/innen !

(Eintritt: CHF 25.–; Vorgängig Abendessenbuffet ab 18.30 Uhr.
Anmeldung und Information: Elisabeth Gutmann, 077 401 24 79)

Prinz Schwan

2012 jährt sich die Erstausgabe der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm zum zweihundertsten Male. Ein Grund mehr, um sich die Märchen der Erstausgabe genauer anzusehen.

Ein Märchen, das ich in den folgenden Ausgaben echt vermisse, ist „Die weisse Taube“.

Zum Glück stehen uns heute als Quellen alle Ausgaben der KHM zur Verfügung, z.B. bei ZENO. Auch die vorangegangenen handschriftlichen Aufzeichnungen liegen gedruckt vor, z.B. bei Derungs (2010) 1).

SchwanIch habe mich seit einiger Zeit mit der erzählreifen Erarbeitung des „Prinz Schwan“ befasst, bis ich zum Schluss kam, dass ich den Prinzen halt Schwan sein lasse. Ich verstehe jetzt auch etwas, weshalb die Brüder Grimm das Märchen aus der Sammlung gekippt haben. Zum Märchentyp ATU 425 („Die Schöne und das Tier“) gibt es ja genügend andere, mehr begeisternde Märchen.

Das Märchen scheint eine krude Mischung zahlreicher Motive aus anderen Märchen zu sein, ohne dass diese zu einer geschlossenen Geschichte zusammengewachsen wären. Schon der Beginn ist etwas unvermittelt:

Es war ein Mädchen mitten in einem großen Wald, da kam ein Schwan auf es zugegangen, der hatte einen Knauel Garn, und sprach zu ihm: „ich bin kein Schwan, sondern ein verzauberter Prinz, …..“

Offensichtlich hatten die Brüder Grimm wenig Lust, das Märchen derart tiefgehend zu überarbeiten. Auch sprachlich entspricht es noch nicht dem KHM-Niveau.

Es gibt natürlich noch andere Patchwork-Märchen in den KHM. Aber dort haben die Brüder Grimm jeweils ein geschlossenes Ganzes geschaffen (Bsp. Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein).

1) Derungs, Kurt (Hrsg.), Die ursprünglichen Märchen der Brüder Grimm,
    Verlag edition amalia, 2., erweiterte Auflage 2010

Der Frühling mag nicht warten

Ärntholde, 1. April 2012Gelterkinder Flue Waldrand

Kaum zu glauben, auf der Gelterkinder Flue / Ärntholde beginnen die Kirschbäume im Bungert zu blühen, und auch die wilden Kirschen (Prunus avium) am Waldrand sind schon ganz wild. Der Waldboden leuchtet von “Guggublüemli” (Buschwindröschen, Anemone nemorosa) und auf den Wiesen blühen die Tee-Schlüsselblumen (Primula veris).
BuschwindröschenEchte Schlüsselblume