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Mögen Euch Rosen geschenkt werden

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Alles Gute zum neuen Jahr 2015 mit dieser kleinen Geschichte
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Die Bettlerin und die Rose

Von Rainer Maria Rilke gibt es eine Geschichte aus der Zeit seines ersten Pariser Aufenthaltes.

Gemeinsam mit einer jungen Französin kam er um die Mittagszeit an einem Platz vorbei, an dem eine Bettlerin sass, die um Geld anhielt. Ohne zu irgendeinem Geber je aufzusehen, ohne ein anderes Zeichen des Bittens oder Dankens zu äussern als nur immer die Hand auszustrecken, sass die Frau stets am gleichen Ort. Rilke gab nie etwas, seine Begleiterin gab häufig ein Geldstück.

Eines Tages fragte die Französin verwundert nach dem Grund, warum er nichts gebe, und Rilke gab ihr zur Antwort: “Wir müssen ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand.” Wenige Tage später brachte Rilke eine eben aufgeblühte weisse Rose mit, legte sie in die offene, abgezehrte Hand der Bettlerin und wollte weitergehen. Da geschah das Unerwartete: Die Bettlerin blickte auf, sah den Geber, erhob sich mühsam von der Erde, tastete nach der Hand des fremden Mannes, küsste sie und ging mit der Rose davon.

Eine Woche lang war die Alte verschwunden, der Platz, an dem sie vorher gebettelt hatte, blieb leer. Vergeblich suchte die Begleiterin Rilkes eine Antwort darauf, wer wohl jetzt der Alten ein Almosen gebe.

Nach acht Tagen sass plötzlich die Bettlerin wieder wie früher am gewohnten Platz. Sie war stumm wie damals, wiederum nur ihre Bedürftigkeit zeigend durch die ausgestreckte Hand. “Aber wovon hat sie denn all die Tage, da sie nichts erhielt, nur gelebt?”, frage die Französin. Rilke antwortete: “Von der Rose . . .”

Märchen von Sterben und Tod

Claude Monet: Tauwetter an der Seine bei Vetheuil

Claude Monet: Tauwetter an der Seine bei Vetheuil

Es war ein wundervoller Abend. http://maerchenquelle.ch/3333/veranst/demnaechst/2014/vom-koenig-der-nicht-sterben-wollte/

Der Titel des Märchenerzählabends vom 7. November 2014 wirkte nicht abschreckend, im Gegenteil, so viele Leute waren es noch nie, seit die Tradition des November-Erzählabends im Cheesmeyer Sissach besteht. Glück im Unglück war auch dabei. Die Ankündigung einer Tanzparty mit Live-Musik im Geschoss unter dem Erzählraum des Buchantiquariats war zuerst ein Schock und vertrieb uns in den Dachraum. Aber der Platz hätte unten auch nie für über 40 Personen gereicht, schon die letzten beiden Jahre mussten einige Märchenfreunde mit Stehplätzen vorlieb nehmen.

Es war vielleicht etwas kühl. Die Stimmung aber absolut super. Die Märchen flossen von uns Erzählenden (Simone Peyer und Urs Volkart) zu den Zuhörenden. Die märchenhaften Musik-Klänge von Ingrid Gauer und Barbara Geiser trugen das ihrige bei, um die Zuhörenden mitzunehmen. Applaus und Komplimente stimmten auch.

Zur Information die Märchenliste:

  1. Izanami und Izanagi (aus dem japanischen Schöpfungsmythos)
  2. Atar (aus Persien)
  3. Vom König, der nicht sterben wollte (G. Bomans)
  4. Der Trunkenbold (Russland)
  5. Gevatter Tod (Brüder Grimm KHM 1812)
  6. Der Schafhirt (aus dem Norden)
  7. Der Tod von Isfahan (Orient)
  8. Auf der Durchreise (Nasruddin, Orient)

Musik mit verschiedenen Flöten, Kotamo, Shruti-Box, Trommel. Gong und Klangschalen.

 

Vom König, der nicht sterben wollte

Herzliche Einladung zu unserem traditionellen Märchenabend

Flyer-Erzaehlabend-Sissach_2014-11-07

im Buchantiquariat des Vereins “loose, rede, läse”,
1. Stock Cheesmeyerhuus, Hauptstrasse. 55, Sissach

Freitag, 7. November 2014, 20 Uhr

Märchen von Leben und Tod
frei erzählt von Simone Peyer und Urs Volkart

Musik Ingrid Gauer und Barbara Geiser

Eintritt frei, Kollekte

Flyer Erzählabend 2014-11-07

 

Erzählanlässe im November 2014

Vorankündigung: Bitte im Terminkalender festhalten. Weitere Informationen folgen!


Freitag, 7. November 2014, 19.30 Uhr

Buchantiquariat im “Cheesmeyerhuus”, Hauptstrasse 55, 4450 Sissach BL

Vom König, der nicht sterben wollte

Märchen von Leben und Tod

frei erzählt von Simone Peyer und Urs Volkart

Musik: Ingrid Gauer und Barbara Geiser

Eintritt frei, Kollekte


Freitag, 21. November 2014, 19.30 Uhr
Samstag, 22. November 2014, 18.30 Uhr

Buchhandlung und -antiquariat “Zem Büecherwurm”, Gerbergässlein 12, 4051 Basel

Viva, viva la Musica

Der Basler Märchenkreis erzählt

Musik: Joachim Pfeffinger, Querflöte

Eintritt frei, Kollekte

Les Femmes du 6e étage

Les Femmes du 6e étage

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An unserem letzten Siedlungs-Open air gesehen. einfach unkritisch geniessen und nachher glücklich gut schlafen. Es war nicht ein Märchenfilm, aber ein unterhaltsamer Film, der ­– eher unbeabsichtigt – märchenhafte Züge trägt:

  • Die Heldinnen und Helden sind wenig psychologisch durchgezeichnet.
  • Immer wieder treten überraschend Helfer/innen auf den Plan, um die Geschichte in Gang zu halten.
  • Sozialkritik und qualifizierte Auseinandersetzung mit der Geschichte fehlen. Die Herrschaftsverhältnisse bleiben letztlich unangetastet (Der König bleibt König, auch wenn er sich entwickelt).
  • Die Geschichte ist zum Teil diskontinuierlich. Der zeitliche Verlauf unklar, aber auch unerheblich.
  • Die Handlungsorte sind zwar erkennbar, wären aber auch austauschbar.
  • Es wimmelt von Allgemeinplätzen und bekannten Motiven. Ganz wie im Märchen, wo uns in den unbekanntesten Geschichten vertraute Redewendungen und Handlungsmotive bei der Stange halten.
  • Das angedeutete Happy end ist sehr tröstlich, wenn auch nicht wirklich plausibel.

Die Handlung im Detail in >>>der deutschen Wikipedia. Technische Details auf >>>der französischen Seite.

Die Kritiken waren vor zwei Jahren negativ. Mir egal, für mich zählt mehr das Schöne und Positive.

Der Trailer auf >>>Youtube:

Mährchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen

Mährchen von einem, der auszog das Fürchten zu lernen (KHM 4)

Schon gleich schon an vierter Stelle der Gesamtausgabe der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm kommt ein „Mährchen“, dass ich zwar schon manchmal gelesen habe (vor allem auch in meiner Kinderzeit !). Aber nie hatte ich Lust mich ernsthaft damit zu befassen. Was sollen diese blöden Horrorstories vom Verkleidungstheater des Küster bis zum toten Vetter im Bett? Die Grimms haben die Erstfassung ja auch noch ziemlich ausgeschmückt.

Manche Leute bezeichnen die Geschichte als Schwankmärchen. Da bin ich mir nicht so sicher. Es kommen auch viele Motive vor, die sonst eher für Sagen typisch sind. Und der Held macht klar eine Entwicklung durch. Natürlich könnte man wohl auch einiges Gescheites über die vorkommenden Symbole schreiben. aber worum geht es denn wirklich?

Erst kürzlich im Gespräch mit Freundinnen und Freunden ist mir das eine oder andere Assoziations-Licht angezündet worden.

Was sind die Qualitäten des Helden? Er geht grundsätzlich positiv an Abstossendes heran und kann irgendwie mit allem umgehen. Er zeigt Mitleid mit den Leichen und Ungeheuern, zumindest so lange, bis sie nicht ihm ans Lebendige gehen. Dann wird er gnadenlos.

Er wird immer wieder mit Toten konfrontiert. Nimmt er selber den Tod zu wenig ernst? Zumindest geht er mit ihnen um, wie wenn sie gar nicht tot wären. Manchmal verhalten sie sich richtig (die gehenkten), manchmal aber zeigen sie auch lebendige Reaktionen (der tote Vetter).

Feuer hat er immer dabei, um sich und die anderen zu wärmen. Allerdings verpufft seine Wärme: seine Begegnungen sind alle tot oder sonstwie „unlebendig“. Und am Schluss löscht die Magd seiner Frau das Feuer?

Das Wort „Gruseln“ gäbe auch zu reden. Was ist damit gemeint? Der Märchenheld fürchtet nichts, hat auch keine Angst (Kierkegaard). Muss er da etwas lernen? „Cool sein“ ist doch auch eine Haltung. Die Psychotherapeutin B. Diepold (http://www.diepold.de/barbara/diese_wut.pdf) berichtet in einem Aufsatz von einem traumatisierten Kind, dass immer wieder dieses Märchen hören wollte, um an seine Gefühle heran zu kommen.

Wenn’s schon dem Helden nicht gruselt, soll es dafür umso mehr dem Leser (z.B. mir als Kind) gruseln? „Gfürchiges“ hat ja auch eine grosse Faszination: no fear, no fun.Jetzt gruselt's mir

Das Märchen ist ja eine rechte Männergeschichte. Erst nach der Hochzeit, also der Integration des fehlenden Weiblichen, erlebt der Held das Gruseln. Er findet Zugang zu seinen (symbolisch gesehen) weiblichen Seiten und kann jetzt starke Gefühle (Wasser und Fische) wahrnehmen. Also war das oben erwähnte Mitleid eher rational als ein Gefühl. Erst jetzt findet er den Zugang zu seinen Gefühlen und kann eine Schwäche eingestehen. Und mit den Fischlein kommt er wohl auch in Kontakt mit seiner Sexualität.

Als Ironie des Schicksals: Nur dank seiner Furchtlosigkeit bis zuletzt, kann er die Königstochter heiraten, deren Magd ihn das Gruseln lernt.

Sicher liegen wir richtig, wenn wir die Geschichte als Darstellung eines Reifungsprozesses verstehen, auch wenn nicht alle Begebenheiten schlüssig zu interpretieren sind.

Büechernacht Ammel

Flyer Büchernacht AmmelZum 10-jährigen Jubiläum der “Büechernacht Ammel” wurde ich am 31. Mai ins oberste Oberbaselbiet eingeladen. Die Büechernacht Ammel dient dem regen Austausch von Freund(inn)en gedruckter Medien verbunden mit einer grossen Auswahl an gebrauchten Büchern zu günstigsten Preisen. Und da war Märchen erzählen ein schöner Beitrag.

Ich hatte alle Freiheit der Auswahl und auch das Zeitbudget war nicht so eng.

Für das erste Set waren’s noch viele Familien mit Kindern, Einzelpersonen, Jung und Alt; für das zweite Set ein kleineres Grüppchen von Frauen von Teenager bis Grossmutter.

Praktisch keine bekannten Gesichter im Publikum: Das werte ich als Erfolg. Es ist mir wichtig, die Welt der Märchen und des Geschichtenerzählens neuen Gruppen zu eröffnen.

Erstes Set ca. 19.15 bis 20 Uhr: Märchen aus aller Welt
(eine Märchenreise durch 4 Kontinente)

  • Die Märchenschatzkiste (ein Anansi-Märchen aus Westafrika)
  • Wie das Feuer geraubt wurde (Indianer Nordamerikas)
  • Die Braut von der Vogelinsel (Indonesien)
  • Rosmarina (Sizilien)

Zweites Set ca. 21.15 bis 21.45 Uhr: Flirten und Zanken
(oder von Liebelei und Liebe)

  • Das junge Paar in der Schlucht (Orient)
  • Das verbotene Bad (Orient)
  • Bewahre deine Geheimnisse! (Afrika)
  • Das besprochene Wasser (Herkunft unbekannt)

 

 

Erzähler ohne Grenzen

Märchen ermutigen, trösten und heilen Wunden.

Das Wunder begann in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien und hat sich jetzt bis Palästina ausgebreitet. Erzählerinnen und Erzähler überwinden Grenzen, die Angst, traumatische Erfahrungen und Nicht-verzeihen-dürfen geschaffen haben. Sie helfen Entwurzelten und Fremden in der eigenen Heimat das Wesentliche ihrer und der gemeinsamen Kultur wiederzuentdecken. Ein wichtiges Ziel ist es, vor Ort Erzählerinnen und Erzähler zu ermuntern und auszubilden, Erzählen als Friedensarbeit auszuüben.

Ein Projekt so “logisch” und so “phantastisch” wie nur ein Märchen sein kann, das uns eine neue Sicht auf das gibt, was wir als Realität zu sehen meinen.

Mehr Informationen auf der Website http://www.erzaehler-ohne-grenzen.de/index.html.
Dort auch die authentische Information ! 
Und die Möglichkeiten der Unterstützung.
Der obige Text ist bitte nur meine Wahrnehmung des Projekts.Natur in Bosnien-Herzegowina

Ich bin als Teil einer Gruppe im Herbst in Bosnien und will mich vorher noch mehr schlau machen über das Projekt, ob es vielleicht einen Kontakt vor Ort gibt.